Facebook ist ein Sumpf aus Katzenvideos und politischen Streitereien. Wir kennen das. Aber was, wenn ich dir sage, dass es da noch etwas Dunkleres, etwas Abgründigeres gibt? Willkommen in der Welt von
LinkedIn, dem digitalen Schauplatz für angeberische Business-Experten und unerträglichen Karriere-Coaches.
Ja, LinkedIn. Das Netzwerk, das angeblich dazu dient, Kontakte zu knüpfen und berufliche Möglichkeiten zu finden. Was es aber wirklich ist, ist eine endlose Quelle für Besserwisserei und Selbstverliebtheit. Es ist ein Phänomen, das ich mir seit Jahren mit wachsender Belustigung, aber auch zunehmender Verzweiflung beobachte.
Ich erinnere mich noch genau an meinen ersten LinkedIn-Post. Ein harmloser Beitrag über meine Begeisterung für ein neues Projekt. Was folgte, war ein Ansturm von Kommentaren und Nachrichten – viele davon kaum mehr als selbstverliebte Eigenwerbung. “Ich bin ein Experte in diesem Bereich und kann dir helfen!” “Meine Strategien sind revolutionär!” Es war, als ob meine bescheidene Freude an der Arbeit sofort in einen Wettbewerb verwandelt wurde, in dem es darum ging, wer der erfolgreichste und wichtigste war.
Ich habe mich gefragt, ob es eine Formel für den perfekten LinkedIn-Post gibt. Ist es eine bestimmte Anzahl von Hashtags? Ein bestimmter Grad an Übertreibung? Eine bestimmte Menge an Selbstbewusstsein?
Und die Antwort scheint zu sein: Ja, es gibt eine Formel, und sie wird von unzähligen “Influencern” perfektioniert, um maximale Aufmerksamkeit und (hoffentlich) neue Kunden zu generieren.
Stell dir vor: Du öffnest LinkedIn und wirst sofort von einem Sturm aus “Ich bin der Beste in meinem Bereich!”-Posts überrollt. Influencer-Marketing-Gurus, die dir erklären, wie du dein Unternehmen auf
die nächste Stufe hebst (für eine bescheidene Gebühr, versteht sich). Ex-Manager, die in glänzender Prosa über ihre “revolutionären” Strategien berichten, die sie angeblich schon in den 90ern angewendet
hätten (obwohl die meisten Leute damals noch mit MS-DOS zu kämpfen hatten). Ich habe selbst Posts gesehen, in denen behauptet wurde, “agile Transformation” sei bereits in den 80ern ein Buzzword gewesen.
Die Realität war meistens, dass die Menschen versuchten, sich an bestehende Strukturen anzupassen.
Und dann sind da noch die Karriere-Coaches, die dir versprechen, dich in ein unverwundbares Jobangebot zu verwandeln – für einen Preis, der oft höher ist als das, was du für den Job selbst verdienen
würdest. Sie reden in Buzzwords wie “Mindset”, “Resilienz” und “Networking”, während sie in Wirklichkeit deine Unsicherheiten ausnutzen, um dir das Gefühl zu geben, dass du etwas verpasst, wenn du nicht bereit bist, in ihr Programm zu investieren.
Die Ironie ist, dass LinkedIn ursprünglich als Plattform gedacht war, um Menschen zusammenzubringen und Wissen zu teilen. Aber im Laufe der Zeit hat es sich in einen Ort verwandelt, an dem es mehr um
Selbstdarstellung und Wettbewerb geht als um echte Verbindung und Zusammenarbeit. Die Algorithmen verstärken diesen Effekt, indem sie Inhalte belohnen, die Aufmerksamkeit erregen, unabhängig davon, ob sie wertvoll oder informativ sind.
Ich habe mich auch gefragt, ob diese Tendenz etwas über unsere Gesellschaft aussagt. Sind wir alle besessen davon, uns selbst in einem guten Licht darzustellen, auch wenn es bedeutet, die Wahrheit zu
verdrehen oder andere herabzusetzen? Haben wir Angst, dass wir unwichtig oder unbedeutend sind, wenn wir nicht ständig unsere Erfolge und Errungenschaften in die Welt schreien?
Natürlich gibt es auch positive Aspekte an LinkedIn. Es kann ein nützliches Werkzeug sein, um Kontakte zu knüpfen, neue Möglichkeiten zu entdecken und sich über Branchentrends auf dem Laufenden zu
halten. Aber es ist wichtig, sich der Fallen bewusst zu sein und sich nicht von der ständigen Flut von Selbstdarstellung und Wettbewerb überwältigen zu lassen.
Ich habe gelernt, LinkedIn mit einer gesunden Portion Skepsis und einem Augenzwinkern zu betrachten. Ich nutzte es, um mich mit Kollegen in Kontakt zu bleiben und neue Informationen zu sammeln, aber ich
vermied es, mich in dem endlosen Kreislauf der Selbstdarstellung und des Wettbewerbs zu verstricken. Stattdessen versuchte ich, Inhalte zu teilen, die inspirieren und andere unterstützen, ohne dabei in
die Falle der Übertreibung oder des Angebens zu geraten.
Die Frage ist nicht, ob LinkedIn gut oder schlecht ist. Die Frage ist, wie wir es nutzen und wie es uns beeinflusst. Es liegt an uns, die Kontrolle über unsere Aufmerksamkeit und unsere Zeit
zurückzugewinnen und uns nicht von der ständigen Flut von Selbstdarstellung und Wettbewerb überwältigen zu lassen.
Ich habe meinen Account lieber gelöscht. Manchmal ist es einfach besser, ein Katzenvideo anzusehen.