Doppelmoral oder Strategie? Wie die AfD mit Strafanzeigen spielt – und dabei ihre eigenen Kritiken vergisst
Alice Weidel, Fraktionschefin der AfD, hat ein besonderes Talent dafür, sich über die vermeintliche “Zensur” und “Überregulierung” der Ampel-Regierung zu beschweren – solange es nicht sie selbst betrifft. Vor nicht allzu langer Zeit noch wetterte sie gegen die “Anzeigenhauptmeister” Annalena Baerbock und Robert Habeck, weil diese hunderte Strafanzeigen gegen Bürger erstatteten, die in ihrer Wut mal etwas zu deutlich wurden. Doch jetzt, oh Wunder, macht Weidel es genau gleich: Ihre Partei hat in den letzten Monaten selbst mehrere hundert Anzeigen wegen Beleidigungen im Netz erstattet. Ist das dreiste Heuchelei – oder eine durchdachte Taktik, den Rechtsstaat gegen sich selbst zu richten?
Die AfD inszeniert sich gern als Opfer einer übermächtigen “Meinungsdiktatur”, die jeden kritischen Bürger mundtot machen wolle. Doch wenn es darum geht, Kritiker mundtot zu machen, scheint die Partei keine Skrupel zu haben. Plötzlich sind Beleidigungen im Netz nicht mehr Ausdruck berechtigter Empörung, sondern ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Man könnte fast meinen, Weidel und Co. hätten eine neue Spielart des Populismus entdeckt: “Regelbrechen ist nur dann legitim, wenn wir es tun.”
Interessant wird es, wenn man die Logik dahinter betrachtet. Die AfD nutzt gezielt die Instrumente des Rechtsstaates, den sie gleichzeitig als “korrupt” und “gegen das Volk” diffamiert. Sie beschwert sich über “Political Correctness” und “Überwachung”, während sie selbst mit Anzeigen um sich wirft, sobald jemand ihre Politiker zu hart kritisiert. Ist das schlichte Doppelmoral – oder eine perfide Strategie, um das System zu unterwandern? Indem sie die Justiz mit hunderten Verfahren überlastet, könnte die AfD bewusst Chaos stiften, um später sagen zu können: “Seht her, der Staat funktioniert nicht mehr!”
Auf unsere Presseanfrage, wie die Partei diesen offensichtlichen Widerspruch rechtfertigt, erhielten wir – wie immer – keine Antwort. Vielleicht ist Schweigen ja die ehrlichste Reaktion, wenn man keine gute Ausrede parat hat. Oder vielleicht ist es auch egal, denn am Ende geht es der AfD ohnehin nicht um Konsistenz, sondern darum, das politische Klima weiter zu vergiften. Und wenn man dabei mal schnell die eigenen Prinzipien über Bord wirft – geschenkt. Hauptsache, der Shitstorm treibt die Quote.
Eines ist jedenfalls klar: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, sollte nicht vergessen, dass drei Finger zurück auf einen selbst zeigen. Aber wer braucht schon Selbstreflexion, wenn man stattdessen einfach weiter lügen kann?