Wieder demonstrierten die Querdenker in Berlin, wieder war die Polizei machtlos, wieder prügelt die Polizei wild auf Frauen und Rentner ein und wieder behindert die Polizei die berichtende Presse, ja geht sogar gewaltsam auf Journalisten los. War die Polizei einst Dein Freund und Helfer, ist sie heute nur noch machtloses Willenswerk einer zusammenbrechenden Regierung.

Artikelbild: Klaus Baumdick

Sie sind keine Antifa, kein schwarzer Block von Linksextremisten, die “Haut die Bullen platt wie Stullen” skandieren. Sie sind keine jungen, kräftigen Hooligans, die sich nur so zum Spaß Schlägereien mit der Polizei leisten. Sie sind ein Querschnitt der Bevölkerung. Vorwiegend politisch links stehende, alternativ lebende Männer und Frauen jenseits der vierzig Jahre. Viele von ihnen über sechszig. Und sie alle treibt eines an. Die Wegnahme von Grundrechten aufgrund Covid-19. Ein Argument was von vielen verlacht wird. Aber objektiv betrachtet stimmt es. Wer heute gesund ist, gilt als schlecht, wenn er nicht bereits geimpft ist. Baden-Württemberg plant sogar schon einen Lockdown für ungeimpfte. Und die Massen jener, die an die Impfung glauben, finden es gut. Sie haben Angst vor den Ungeimpften, an denen sie sich anstecken könnten. Aber Moment mal. Wer geimpft ist, hat doch nichts mehr zu befürchten? Wir wissen alle, das stimmt nicht. Ob geimpft oder nicht, jeder kann sich infizieren und jeder erkranken. Doch die Panikmache der letzten Monate haben dazu geführt, dass jene, die stark im glauben sind, eine panikartige Angst entwickelt haben. Die Querdenker demonstrieren, weil sie wieder frei sein wollen. Frei von Beschränkungen und Bevormundung. Aber sie kritisieren die Regierung. Das scheint heute nicht mehr erlaubt zu sein. Fast wähnt man sich schon wieder in der DDR. Augenscheinlich war das an diesem Wochenende der Fall. Das Regierungsviertel war von der Polizei hermetisch abgeriegelt. Selbst der Spreebogen wurde dicht an dicht von der Polizei zu Wasser patrouilliert. Wie damals, vor ’89. Niemand sollte den Reichstag erreichen. Es sollte keinen Sturm auf den Reichstag geben, wie vor einem Jahr, als es einen herbeigeredeten Sturm auf den Reichstag gab. Tatsächlich standen die Leute nur der Treppe und machten Selfies. Drei anwesenden Polizisten lief nach eigenen Aussagen das Angstwasser in den verlängerten Rücken. Dafür bekamen sie das Bundesverdienstkreuz. Warum auch nicht?

Warum gibt es die Versammlungsfreiheit?

Die Zeiten des dritten Reiches durften sich nie wiederholen. Da war man sich schon nach 1945 einig. Als sich die Bundesrepublik am 23. Mai 1949 das Grundgesetz als Verfassung gab, wurde seitens der Alliierten darauf geachtet, dass das Volk immer die Macht hat, nötigenfalls eine aus dem Ruder laufende Regierung zu stürzen. Oder wenigstens darauf aufmerksam zu machen, dass etwas verkehrt läuft in diesem Land. Mit diesem Hintergrund wurde auch die Pressefreiheit extrem weit ausgelegt. Die Presse ist die vierte Macht im Staat. Niemand darf die Presse daran hindern, objektiv und wahrheitsgemäß zu berichten. Beide Grundpfeiler, auf denen die Bundesrepublik Deutschland fußt, wurden in Berlin an diesem Wochenende schon wieder eingerissen. Die Versammlungsfreiheit ist jetzt seit eineinhalb Jahren eingeschränkt. Und auch an diesem Wochenende wurden wieder zahlreiche Demonstrationen verboten. Grund: Weil sich die Teilnehmer, die unter anderem gegen die Maskenpflicht demonstrieren, keine Maske aufsetzen wollen. Aber es gibt zahlreiche Bürger, denen nicht mehr bewusst ist, warum wir in diesem Land ein Grundgesetz wie jenes haben, was wir haben. Die Querdenkerbewegung tut also genau das, wofür das Grundgesetz einst geschaffen wurde. Regimebildungen verhindern. Und doch sehen wir, wie schnell sich ein Regime bilden kann.

Twittermeldung der Polizei und Kommentar

Querdenker als Retter des Staates?

Zugegeben, ich tue mich schwer, die Querdenker als Retter der Bundesrepublik zu bezeichnen. Ich kann mit alternativen Lebensweisen nichts anfangen und zu viele von diesen alternativen tummeln sich in der Querdenkerszene. Aber es sind die einzigen, die etwas tun. Und sie tun es immer besser. Bei der letzten Demonstration vor vier Wochen kam erstmals auf, dass der Demonstrationszug keiner geraden Linie folgt. Wenn die Polizei abriegelt, wird eben der Kurs gewechselt, sich aufgeteilt und später wieder zusammengefunden. Das hat die Polizei nicht nur verwirrt, es hat sie alt aussehen lassen. Wie kleine Kinder, die man beim Spiel plötzlich alleine lässt, war die Polizei schier um Fassung bemüht. An diesem Wochenende haben es die Querdenker wieder getan. Kaum, dass eine Polizeibarrikade aufgebaut wurde, bildeten sich neue Aufzüge mit sofort ändernder Richtung. Die Polizei erklärte die Barrikadenbildung zur Taktik. Man habe den Aufzug aufteilen wollen um ihn in kleine Gruppen zu zerschlagen. Wenn es wirklich eine Taktik war, hat die Polizei schon wieder jämmerlich versagt. Spätestens als am Nachmittag zwei Gruppen mit jeweils etwa 10.000 Teilnehmern zusammen trafen und plötzlich sehr viel grösser war als alle Aufzüge an diesem Wochenende zusammen. Was die gewaltbereite Linke seit den Sechszigern nicht geschafft hat, die Querdenker haben es geschafft. Nämlich die Polizei in eine vollkommene Orientierungslosigkeit zu treiben.

Sie skandierten “Ohne Helm und ohne Knüppel seid Ihr nichts” bis die Beamtengruppe die Flucht antrat

Samstag war gut, Sonntag perfekt

Wie ich schon gestern schrieb, zeigte sich die Polizei wieder sehr gewaltbereit. Doch war sie am Sonntag sehr viel gewaltbereiter. Zahlreiche Journalisten wurden gewaltsam an ihrer Arbeit gehindert. Wobei ich sagen muss, es laufen viele Pseudo-Journalisten auf den Querdenkerdemos mit. Wenn ich die Videos sehe, wie sie mit Polizisten debattieren, warum sie geschubst wurden, wird es mir immer anders. Aber ob Presseausweis oder nicht, Journalismus heißt nicht, bei einem Verlag fest angestellt zu sein. Journalismus heißt, zu berichten. Bilder einzufangen. Zu veröffentlichen, was passiert. Immer wieder wurde von der Polizei nach Presseausweisen gefragt. Konnte man einen Presseausweis vorzeigen, wurde dieser minutenlang kontrolliert. Ich laufe immer mit meinem Presseausweis um den Hals hängernd herum und wurde auch geschlagen. Vor die Kamera. Während ich fotografierte. So einen Schlag auf das geöffnete Auge direkt auf den Augapfel ist nicht schön. Ja, ich gebe zu, ich war darauf in einem Handgemenge mit dem Polizisten. Ich debattiere nicht. Der Polizist war klein und schwach. Er hatte gegen mich keine Chance, obwohl ich in einer Hand noch meine zwei Kilo schwere Kamera hielt. Trotzdem kassierte er seine Anzeige von mir. Und die Dienstaufsichtsbeschwerde. Und beides ging in Kopie an Reporter ohne Grenzen. Ich mache meine Arbeit in alle Richtungen. Es ging dort um die sehr gewaltsame Festnahme eines älteren Herrn, der sehr brutal auf dem Boden liegend blutig geschlagen wurde. Die Berliner Polizei wollte diese Bilder nicht veröffentlicht sehen. Und so wurde mir hier klar, warum die Polizei vorwiegend alte und schwache, Frauen und behinderte in ihrer Freiheit einschränkt. Sie trauen sich nicht an die großen und kräftigen, denn die könnten sich wehren. Und so war ich schon am Samstag beeindruckt. Skandierten die Querdenker bisher immer “Keine Gewalt”, wenn einer von ihnen von der Polizei verprügelt wurde, waren diese Ausrufe an diesem Wochenende kaum noch zu hören. Stattdessen gab es erstmals vereinzelte zaghafte Versuche der Gegenwehr. Die Polizei wird später von 14 verletzten Beamten sprechen. Wir sollten dabei berücksichtigen, elf von ihnen wurden beim Einsatz von Pfefferspray ihrer Kollegen verletzt, einer fiel über seine eigenen Füsse. Auf Seiten der Querdenker gab es hingegen mehrere hundert teils schwer Verletzte. Zumeist Frauen und Alte, die mit Schlägen und Tritten attackiert wurden oder erstmals in ihrem Leben Reizgas erleben durften. Damit wurde an diesem Wochenende wahrlich nicht gespart. Vermutlich war das Ablaufdatum erreicht und musste aufgebraucht werden.

Gewaltsame Festnahme eines Teilnehmers. Dieses Bild wollte die Polizei mit Gewalt verhindern.

Wie viele waren es nun wirklich?

Die genaue Zahl der Versammlungsteilnehmer wird durch die Polizei nicht festgestellt werden. Das konnte sie auch gar nicht, weil in ganz Berlin versprengte Gruppen umherirrten, wie es die Polizei noch nennen wird. Ich weiß selbst, wie schwer es ist, eine genaue Zahl zu schätzen. Oft verschätzt man sich. Ich vermute die Teilnehmerzahl am Samstag als auch am Sonntag auf je 30.000 bis 50.000. Dazu kamen zahlreiche Sympathiebekunder, die sich spontan den Zügen kurzzeitig anschlossen. Die Polizei wird später von 5.000 Teilnehmern sprechen, doch in Anbetracht des Leipziger Platzes, der an beiden Tagen gut gefüllt war, ist diese Zahl viel zu niedrig gegriffen. Insgesamt gab es an beiden Tagen etwa 200 Festnahmen wegen aller möglichen Delikte. Von der Teilnahme an einer verbotenen Demonstration bis hin zum Angriff auf Polizisten.

Potsdamer und Leipziger Platz waren voll mit Demonstranten

Kommen sie wieder?

Ich bin überzeugt, die Querdenker kommen bald wieder. Spätestens, wenn Baden-Württemberg den Lockdown für ungeimpfte durchsetzt, wie es der Amtschef im Sozial- und Gesundheitsministerium Uwe Lahl (Grüne) fordert, dürfte der Termin feststehen. Eine solche Ungleichbehandlung wäre zweifelsohne verfassungswidrig. Aber das hat unsere Politiker ja schon lange nicht mehr gestört.

Massive Einschränkungen der Pressefreiheit waren an beiden Tagen die Normalität in Berlin

Fotos: Klaus Baumdick

Von KBA