Es ist ein perfektes Sinnbild unserer Zeit: Eine Stadtverwaltung, die ihre Bürger nicht mehr beschützen kann – oder will –, erfindet stattdessen bunte Zonen der Angst. Grün, gelb, orange, grau: Die neue Farbpalette der Freiheit in Dorsten sieht aus wie eine Ampel, die permanent auf Rot springen könnte. Man stelle sich vor: Bürger müssen jetzt selbst entscheiden, wie viel Lebensgefahr sie beim Schützenfest eingehen wollen – als wäre Terrorismus ein Wetterphänomen, gegen das man sich mit Pollern und Schildern schützen könnte.

Die Kapitulation vor der Gefahr

„Das Bedürfnis nach maximaler Sicherheit ist absolut verständlich“, sagt der Bürgermeister. Nein, Herr Stockhoff, es ist absolut verrückt. Was hier „verständlich“ genannt wird, ist die kollektive Neurose einer Gesellschaft, die lieber ihre Feste in Gefahrenzonen einteilt, als zuzugeben, dass sie die Bedrohung, der sie ausgesetzt ist, selbst geschaffen hat. Jahrzehntelang hat man die Sicherheitsorgane demontiert, die Grenzen geöffnet, die Gefahr ignoriert – und jetzt, wo der Pakt mit der Naivität gebrochen wurde, versteckt man sich hinter Farbcodes und „Gefahrenräumen“.

Die Farce der Sicherheit

Acht Schützenfeste sollen in Dorsten stattfinden – bewacht von Ehrenamtlichen, die jetzt nicht nur für Bierbuden, sondern auch für Terrorabwehr zuständig sind. Die Stadt stellt „Schilder und Überfahrsperren“ bereit – als ob Attentäter sich von einem „Orange-Gebiet“-Schild beeindrucken ließen. Die Realität ist: Man kann nicht „alle fünf Meter einen Polizeibeamten hinstellen“, also stellt man stattdessen Schilder auf. Das ist kein Sicherheitskonzept, das ist ein Geständnis. Ein Geständnis, dass der Staat längst kapituliert hat und die Bürger mit ihrer Angst allein lässt.

Die Selbsttäuschung der „selbstbestimmten Sicherheit“

„Besucher können entscheiden, wo sie sich aufhalten wollen“, heißt es. Welch ein Hohn! Die wahre Entscheidung wäre: Entweder wir bekämpfen die Gefahr an ihrer Wurzel – oder wir geben zu, dass wir uns in einer belagerten Stadt befinden. Stattdessen wird den Bürgern eingeredet, sie hätten eine „Wahl“. Die Wahl zwischen „grün“ (relativ sicher) und „grau“ (Ende des Veranstaltungsbereichs, also: Flucht). Das ist keine Freiheit, das ist die Illusion von Freiheit – wie ein Häftling, der sich aussuchen darf, an welcher Wand er gefesselt stehen möchte.

Die perverse Logik der neuen Normalität

„Potenzielle Täter wollen unsere Stadtgesellschaft zerstören“, warnt der Bürgermeister. Richtig. Aber die eigentliche Zerstörung geschieht nicht durch die Täter, sondern durch die, die darauf reagieren, indem sie das öffentliche Leben in ein Labyrinth aus Sicherheitszonen verwandeln. Die Feste sollen „sicher und durchführbar bleiben“ – doch was nützt ein Fest, wenn es nur noch ein trauriges Ritual hinter Pollern und Kontrollen ist? Was nützt eine Gesellschaft, die sich nicht mehr traut, ohne Farbcodes zu feiern?

Die Angst frisst die Freiheit

Dorstens „Sicherheitskonzept“ ist kein Plan für den Schutz, es ist ein Requiem für die unbeschwerte Öffentlichkeit. Eine Gesellschaft, die ihre eigenen Straßen in Gefahrenzonen einteilen muss, hat bereits verloren. Nicht an den Terror, sondern an die Angst.