Foto: Klaus Baumdick

Am Wochenende um den 31. Juli und 1. August 2021 sieht man sie wieder zu tausenden. Jene Gegner der Corona-Maßnahmen, die als Querdenker, Reichsbürger, AfD-Wähler, Corona-Leugner oder einfach nur Nazis von Politikern und Presse diffamiert werden. Sie wollten dieses Wochenende in Berlin gegen die nicht enden wollenden Coronamaßnahmen demonstrieren. Wieder einmal. Kein Bock drauf hatte die Berliner Polizei und verbot kurzerhand diese Demonstrationen, weil man davon ausgehen muss, die Demonstrationsteilnehmer werden nicht die Corona-Auflagen beherzigen. Natürlich nicht. Das wäre wie eine Anti-Kriegsdemo, bei der die Teilnehmer verpflichtet würden, Waffen zu tragen. Oder eine Demonstration von Veganern, die zur Auflage bekämen, auf der Veranstaltung Fleisch zu essen.
Die Demonstration auf dem CSD von letzter Woche, das wünschte sich der Polizeisprecher und ich frage mich, was genau er sich wünscht? Angeblich haben fast alle eine Maske getragen. Auf den zahlreichen Fotos dieser Demonstration mit 65.000 Teilnehmern sieht man gerade einmal vereinzelte Teilnehmer mit Maske. Auf einigen, wenn auch wenigen, handgreiflichen Übergriffen wurden Journalisten von Teilnehmern und Ordnern verletzt. Und Polizisten wurden verletzt. Ist es das, was sich die Berliner Polizei wünscht? Denn eines kann man genau diesen Gegnern der Corona-Maßnahmen nicht vorwerfen, Gewalt gegen Polizei oder andere. Selbst gegen Journalisten wettern viele zwar aber direkt handgreiflich werden nur wirklich ganz wenige und das auch noch äußerst selten, obwohl das in der Presse oftmals sehr überzogen dargestellt wird.
Ich erinnere mich an eine sogenannte Großdemo der AfD in Berlin mit 50.000 Teilnehmern vor einigen Jahren. Da tauchte ein als Clown verkleideter Journalist auf, der lauthals herausposaunte, das hier sei eine Kasperveranstaltung, woraufhin drei Rentner ihm die Perücke vom Kopf rissen. Dies ging dann als gewalttätiger Angriff und schwere Körperverletzung in die Tagespresse ein. Ja, manch ein Boulevardblatt mutmaßte sogar, es läge ein Totschlag vor. Einige Stunden später tauchte genau der gleiche Journalist in genau der gleichen Aufmachung wieder auf, diesmal mit Kamerateam im Schlepptau und reizte die Teilnehmer wieder mit dummen Sprüchen. Auf jeder Linkendemo wäre dieser Clown mit den Füssen voraus von der Demo getragen worden. Die AfD-Teilnehmer regten sich gerade mal lautstark über die Lügenpresse auf.
Und genau das ist die Mentalität der neuen Bürgerrechtler in diesem Land. Man will niemandem weh tun. Keinen Polizisten verhauen, sondern ihn mit dem Wissen um die Grundrechte beeindrucken. Man hat sich vorher auf Telegram verabredet, heiß geredet, was die Polizei darf und was nicht um dieses Wissen später anzuwenden. Und die Polizei lacht sich schlapp darüber. Natürlich tut sie das. Hat doch jeder Polizist jahrelange Erfahrung mit richtigen Gewalttätern. Mit der gewaltbereiten Linken. Hier fällt mir ein Vorfall aus dem Jahr 2009 ein. Die Berliner Polizei wollte ein besetztes Haus in der Rigaer Strasse stürmen und geriet in einen Hinterhalt. Dabei wäre um ein Haar eine Polizistin von den Linken getötet worden. Seitdem gilt in Berlin bei der Polizei die Maxime, wenn die Gegenwehr linker Extremisten zu groß wird, zieht man sich zurück.
Doch Gegenwehr ist genau das, was Querdenker nicht wollen. Sie brüllen es ja auch fleißig auf allen Demos hinaus. Aber hat diesem Land nicht in den 1970 und 1980er Jahren die linke RAF erst gezeigt, wie ein Staat gefügig gemacht wird? Als Joschka Fischer in Frankfurt/Main noch Steine auf Polizisten warf, war er einer derjenigen, die der Polizei gezeigt haben, wie weit sie gehen darf. Später wurde Joschka Fischer der erste grüne Aussenminister.
Warum schaut sich keiner dieser Menschen, die davon überzeugt sind, dieses Land sei keine Demokratie mehr, die Regierung sperrt alle Bürger ein und die Polizei wird bald durch eine Euro-Polizei ersetzt, auf die Zeiten der linksextremen Taten, in denen dieses Land schon einmal in andere Bahnen gelenkt wurde?
Seit zwanzig Jahren hört man ein beständiges, wenn dies passiert, gibt es einen Bürgerkrieg und wenn das passiert, gibt es einen Bürgerkrieg. Noch nie hörte ich es so oft wie zu Corona-Zeiten. Doch wo ist er, dieser viel beschworene Bürgerkrieg? Der findet weiterhin nur im Internet statt. Nicht mehr auf Facebook, die zensieren zu stark aber auf Telegram, denn da sind sie sicher, meinen viele Abonnenten der hunderten Kanäle von Predigern, die ihren Jüngern erzählen, wie überbordende Politsysteme in die Knie gezwungen werden. Und wenn gar nichts mehr hilft, eine Online-Petition wird es schon richten. Ganz bestimmt. Dann muss Merkel was tun, immerhin ist es ja eine Online-Petition.
Und heute Abend werden sie sich wieder zu tausenden echauffieren über die Berliner Polizei, wenn in den Telegram-Kanälen und auf dem Kurzvideodienst Tiktok die Videos auftauchen, die zeigen, wie Auswärtige von der Polizei herausgeholt wurden von der Strasse und die Fahrer aus den Autos gezerrt wurden, weil sie sich weigerten, ihren Ausweis zu zeigen, während sie schreien, dies sei ein bewaffneter Überfall. Die Polizisten werden sich bei ihrem Feierabendbier köstlich darüber amüsieren, über diese besser wissenden Querdenker, die tatsächlich daran glauben, ein Polizist ließe sich von einem beeindrucken, der das Grundgesetz während einer Polizeimaßnahme aufsagen kann.

Von KBA