Immer wieder kursieren Gerüchte über den Gesundheitszustand von Wladimir Putin. Ob wahr oder nicht – der russische Präsident ist 73 Jahre alt, und sein plötzlicher Tod wäre ein weltpolitisches Erdbeben. Vor allem der Ukrainekrieg, die Nuklearmacht Russland und die globale Sicherheitsarchitektur stünden vor völlig neuen Herausforderungen. Doch was würde wirklich passieren?
1. Wer könnte Putins Nachfolger werden?
Russland hat kein klares demokratisches Nachfolgeverfahren. Theoretisch müsste laut Verfassung der Ministerpräsident (derzeit Michail Mischustin) interimistisch übernehmen, bis Neuwahlen organisiert sind. Doch in der Realität käme es auf Machtkämpfe innerhalb des Sicherheitsapparats an. Mögliche Szenarien:
a) Ein Hardliner übernimmt
- Nikolai Patruschew (Sicherheitsratssekretär) oder Sergei Schoigu (Verteidigungsminister) könnten als Kriegsbefürworter noch aggressiver agieren.
- Einfluss der Geheimdienste (FSB): Ein Nachfolger aus den Sicherheitsstrukturen könnte die Repression im Inland verschärfen und den Krieg in der Ukraine weiter eskalieren.
b) Ein „technokratischer“ Nachfolger
- Michail Mischustin oder ein anderer Wirtschaftsexperte könnte versuchen, Russland zu stabilisieren – möglicherweise mit vorsichtigen Deeskalationsschritten, um Sanktionen zu lockern.
- Doch ohne Rückhalt beim Militär und den Silowiki (Sicherheitselite) wäre seine Macht fragil.
c) Chaos und Machtkämpfe
- Wenn keine klare Führungspersönlichkeit hervorgeht, könnte es zu internen Konflikten zwischen Militär, Geheimdiensten und Oligarchen kommen.
- Regionale Gouverneure oder Privatarmeen (wie die Wagner-Gruppe) könnten versuchen, Einfluss zu gewinnen.
2. Auswirkungen auf den Ukrainekrieg
Szenario 1: Eskalation
- Ein Hardliner könnte versuchen, durch einen Sieg in der Ukraine seine Macht zu legitimieren – möglicherweise mit noch brutaleren Angriffen oder sogar taktischen Nuklearwaffen.
- Die Gefahr eines direkten NATO-Konflikts würde steigen.
Szenario 2: Verhandlungen
- Falls ein pragmatischer Nachfolger an die Macht kommt, könnte es Geheimgespräche über einen Waffenstillstand geben.
- Doch selbst dann wäre ein vollständiger Rückzug aus der Ukraine unwahrscheinlich, da dies als Schwäche ausgelegt würde.
Szenario 3: Russischer Rückzug und innere Instabilität
- Bei Machtkämpfen in Moskau könnte die Kriegsführung leiden – die Ukraine könnte die Chance nutzen, Gebiete zurückzuerobern.
- Gleichzeitig könnte Russland in regionalen Konflikten (Kaukasus, Syrien) an Einfluss verlieren.
3. Globale Sicherheitsrisiken
a) Nukleare Kontrolle
- Die größte Gefahr wäre ein Chaos in der Kommandokette der russischen Atomwaffen.
- Die USA und NATO müssten extrem wachsam sein, um Fehlalarme oder unautorisierte Abschüsse zu verhindern.
b) China nutzt die Gelegenheit
- Peking könnte versuchen, Russland noch enger an sich zu binden – oder im Gegenteil, sich von einem geschwächten Partner zu distanzieren.
- Taiwan-Konflikt: China könnte die Verwirrung nutzen, um eigene aggressive Schritte zu unternehmen.
c) Energie- und Wirtschaftskrise
- Ein Machtvakuum in Moskau könnte zu Lieferstopps bei Gas und Öl führen – mit Folgen für Europa.
- Gleichzeitig könnten Spekulanten und Cyberangriffe die Märkte destabilisieren.
Die Welt muss auf alles vorbereitet sein
Putins Tod wäre ein kritischer Moment für die Weltordnung. Die Gefahr einer abrupten Eskalation ist real, aber auch eine Chance für Deeskalation – je nachdem, wer die Macht in Russland übernimmt. Die NATO und westlichen Geheimdienste haben vermutlich bereits Pläne für verschiedene Szenarien. Doch eines ist sicher: Die nächste Phase der russischen Politik könnte noch unberechenbarer werden als die Ära Putin.
Von Kremlin.ru, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=123219163