Berlin – Während die Regierungskoalition aus CDU und SPD über ihre zukünftige Zusammensetzung diskutiert, steht ein Thema im Mittelpunkt der Verhandlungen: das gigantische Loch im Bundeshaushalt. Nach Angaben des noch amtierenden Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) fehlen im Haushalt für das Jahr 2025 satte 26 Milliarden Euro. Zwar hat der Bundestag eine Reform der Schuldenbremse und ein Milliarden-Sondervermögen für die Infrastruktur auf den Weg gebracht, doch die notwendigen Budgetkürzungen lassen sich nicht länger ignorieren. Und jetzt soll das Bürgergeld dran glauben.

Die Union hat bereits klare Vorstellungen, wie sie das Problem angehen will. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt spricht Klartext: Das Bürgergeld sei „beschäftigungsfeindlich, zementiere Menschen in der Arbeitslosigkeit fest und sei bürokratisch“. Die Lösung? Eine „neue Grundsicherung“, die die Arbeitsaufnahme wieder anreizen soll. Doch ist das wirklich die Lösung – oder nur ein weiterer Tropfen auf den heißen Stein?

Das Bürgergeld ein Bürokratiemonster?

Kai Whittaker, CDU-Bundestagsabgeordneter, geht noch einen Schritt weiter. Er bezeichnet das Bürgergeld als „Bürokratiemonster“, das „Milliarden im Verwaltungsdschungel“ verschlinge. „Statt Menschen in Arbeit zu bringen, versinken Jobcenter in Aktenbergen, Formularlawinen und absurden Rechenexzessen“, so Whittaker. Und tatsächlich: Die Zahlen sprechen für sich.

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die am 17. März veröffentlicht wurde, offenbart massive Probleme bei den Verwaltungskosten der Jobcenter. Im vergangenen Jahr standen den Jobcentern 10,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Doch wie wurde dieses Geld verwendet? Ganze 6,5 Milliarden Euro – also mehr als 60 Prozent – flossen in die Verwaltung. Die Kosten für die Verwaltung sind in den letzten zehn Jahren um 39 Prozent gestiegen, vor allem aufgrund steigender Gehälter. Gleichzeitig stagnierten die Ausgaben für die Förderung von Bürgergeld-Empfängern bei 3,8 Milliarden Euro.

Einige Jobcenter sollen sogar bis zu 70 Prozent ihrer Gelder in die Verwaltung gesteckt haben. Das ist nicht nur ein Skandal, sondern ein Armutszeugnis für ein System, das eigentlich dazu da sein soll, Menschen in Arbeit zu bringen. Stattdessen versickern Milliarden in einem bürokratischen Sumpf, während diejenigen, die eigentlich gefördert werden sollen, auf der Strecke bleiben.

Die Illusion der Arbeitsförderung

Die Union will das Bürgergeld nun zu einer „neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umgestalten. Leistungsbeziehern, die jegliche Arbeitsaufnahme verweigern, sollen künftig alle Leistungen vollständig entzogen werden. Klingt hart? Ist es auch. Doch die Frage ist: Wird das wirklich funktionieren?

Erstens: Die Idee, Menschen durch Sanktionen zur Arbeit zu zwingen, ist nicht neu. Und sie hat in der Vergangenheit nur bedingt funktioniert. Wer keine Arbeit findet, wird durch Streichungen nicht plötzlich zum Jobwunder. Stattdessen droht die Gefahr, dass Menschen weiter in die Armut abrutschen – mit allen sozialen und gesellschaftlichen Folgen, die das mit sich bringt.

Zweitens: Die rechtliche Hürde. Eine Komplettstreichung der Leistungen für Arbeitsverweigerer könnte schnell vor dem Verfassungsgericht landen. Und die Chancen, dass eine solche Maßnahme dort Bestand hat, sind mehr als fraglich. Die Union könnte also viel Lärm um nichts machen.

Drittens: Das eigentliche Problem wird nicht angegangen. Solange die Jobcenter weiterhin Milliarden in die Verwaltung pumpen, anstatt in die Förderung von Arbeitslosen, wird sich nichts ändern. Eine Reform des Bürgergelds mag zwar gut klingen, aber sie wird nichts bringen, wenn das System selbst kaputt ist.

Die Schuldenbremse und das Milliardenloch

Während die Union das Bürgergeld als Sündenbock ausmacht, wird das eigentliche Problem oft übersehen: das gigantische Loch im Bundeshaushalt. Die Reform der Schuldenbremse schafft zwar Freiräume für die Militärausgaben, aber an massiven Einsparungen führt kein Weg vorbei.

Doch statt sich auf sinnvolle Einsparungen zu konzentrieren, wird lieber an den falschen Stellen gespart. Das Bürgergeld ist nur ein Beispiel. Gleichzeitig werden Milliarden in Projekte gesteckt, deren Nutzen fragwürdig ist. Die Frage ist: Wer kontrolliert eigentlich, wie unsere Steuergelder ausgegeben werden?

Reform ja – aber richtig!

Es ist klar, dass das Bürgergeld reformiert werden muss. Doch eine Reform, die nur auf Sanktionen setzt und das eigentliche Problem – die Bürokratie – ignoriert, wird scheitern. Stattdessen brauchen wir ein System, das effizient, transparent und fair ist. Ein System, das Menschen wirklich fördert und ihnen Perspektiven bietet.

Die Union und die SPD haben die Chance, hier etwas zu bewegen. Doch dazu müssen sie mutig sein und den bürokratischen Sumpf trockenlegen. Sonst bleibt alles beim Alten – und das Milliardenloch im Haushalt wird nur noch größer.